Typography Nerd

Visiten­karten-Typo­grafie

Ein paar Tipps zum Setzen von Visitenkarten — Manchmal zeitintensiver und aufwendiger als manch Kampagne oder Unternehmensbroschüre: das Gestalten einer Visitenkarte.

Beim Kunden heikel und mit oberster Priorität behandelt, werden die wenigen Quadratmillimeter zur harten Arbeit vieler Grafiker. Dabei sollten die kleinen Kärtchen gar nicht so viele Sorgen machen. Hier aber ein paar Tipps, was man bei der Typografie auf Visitenkarten beachten sollte, und wie man diese entschlackt.

Normen, die überdacht werden sollten

Mit so manchen Normen erschweren wir uns den Alltag und auch die Arbeit beim Gestalten. Normen machen nicht unbedingt etwas schöner, sondern grenzen in den Freiheiten des Designs oft ein.

Der neueste Trend sind Internationalisierungen von Nummern und Adressen. Die +49 vor jeder Vorwahl ist mittlerweile fast nicht mehr wegzudenken. Doch hilft sie dem Kunden bzw. dem Gegenüber? Meistens nicht. Sie verwirrt eigentlich nur und bringt mit dem Weglassen der ersten Null bei Vorwahlen oder der Klammern der ersten Null viele zum Wahlchaos. Doch wieso diese Verwirrung stiften? Die +49 ist die Ländervorwahl für Deutschland. Sie hilft dabei, dass Kunden aus dem Ausland auch richtig in Deutschland ankommen. Doch ist das sinnvoll? Für Unternehmen, die international tätig sind ist dieser Zusatz absolut berechtigt. Für ausschließlich national tätige Unternehmen oder die es voraussichtlich bleiben, sollte auf die +49 verzichtet werden. Nur weil es eine Norm ist, wird sie noch lange nicht zur Pflicht. Dasselbe gilt für den Zusatz D vor der Postleitzahl, sowie der Zusatz Germany oder Deutschland.

Internationale Nummern

Internationale Telefonnummernangabe

Nationale Nummern

Sinnvolle Telefonnummernangabe für die nationale Tätigkeit. Die Länderkennung +49 ist in diesem Falle unnötig und kann somit weggelassen werden.

Größeres Streitthema – auch unter den Designer und Typografen selbst – ist die Gliederung von Telefonnummern, die rein typografisch korrekt von hinten nach vorne in Zweierschritten mit einem kleinen Abstand gegliedert/getrennt werden sollen. Und wenn dann auch nur in logischer Form. Sprich anstatt 0800 3 13 10 wäre eher 0800 31 31 0 sinnvoll. Ob man die Zweierschritt-Regel nutzt, sei jedem selbst überlassen. Zudem sollte der Leerabstand groß genug und gewollt aussehen, da sonst eine Rufnummer „wackeln“ könnte.

Gliederung in Schritten

Typografisch korrekt gegliedert (in 2er-Schritten von hinten nach vorne). Jedoch…

Sinnvolle Gliederung

… ist eine sinnvolle Gliederung oftmals empfehlenswerter.

Namen korrekt behandeln

Das wohl wichtigste auf Visitenkarten sind auch die Namen: Was eine E-Mail-Adresse bedauerlich nicht immer kann sollte jedoch im Satz für den Druck immer möglich sein – nämlich die korrekte Schreibweise des Namens. Damit sind nicht Rechtschreibfehler gemeint, sondern eher das Problem mit Umlauten und dem Eszett. Liegt der Fall vor oder könnte der Fall bestehen, dass eine Person mit einem Eszett im Namen beschäftigt sein sollte/könnte, so sollte bei der Gestaltung darauf geachtet werden, dass nicht unbedingt eine Versal-Typo verwendet wird. Denn aus dem Nachnamen Schüßler sollte dann nicht unbedingt Schüssler werden. Der Fall ist ja bereits aus den Produkten von Dr. Schüßler bekannt. Zu einem gefällt es dem Visitenkartenbesitzer selbst – und dem Empfänger nicht – wenn Namen verfälscht werden. Bei E-Mail-Adressen ist dies ja leider noch der Fall, wobei mittlerweile auch Domain-Namen mit Umlauten möglich sind.

Versalschreibweise bei Namen

Auch wenn es schön aussieht: Namen in Versalschreibweise sind immer etwas schwierig.

Hoch oder quer

Visitenkarte hoch oder quer? Eine Frage, die schon zu Beginn der Gestaltung ewig überlegt wird. Doch diese Entscheidung kann jedoch relativ schnell beantwortet werden. Denn nur wenn es die Namenslängen der Angestellten und die manchmal gigantisch-lange E-Mail-Adressen zulassen sollte auf ein Hochformat gesetzt werden. In allen anderen Fällen ist das Querformat die wohl sichere Variante. Abstrakte Gestaltungen lassen natürlich auch andere Entscheidungen/Möglichkeiten zu.

Hoch- oder Querformat

Möchte man weder Namen, noch E-Mail-Adressen umbrechen, so bietet sich das Querformat an.

Weniger ist mehr

Wie schon erwähnt sind Visitenkarten gar nicht so groß. Zwar kann man beide Seiten nutzen, doch ob man das wirklich will bzw. soll? Auf diesem kleinen Raum ist es somit besser, alles so schlicht und einfach wie möglich zu halten. Reduzierung auf die wichtigsten Inhalte sollten geprüft werden: Doppelungen in Telefon- und E-Mail-Adressen (von Kartengeber und Unternehmen) verwirren eher, anstatt sie helfen.

Weiterer Tipp zum Entfrachten von Visitenkarten: das Weglassen von logischen bzw. ersichtlichen Rubriken. Somit muss vor einer E-Mail-Adresse kein Zusatz E-Mail und vor einer Webadresse nicht mehr Web oder Website stehen, da diese durch das @-Zeichen oder das www-Kürzel für jeden als dieses ersichtlich sind.

Zusatzinfos

Unnötige Zusatzinfos, wie die wörtliche Nennung von „E-Mail“ und „Website“, sind nicht mehr zeitgemäß.

Der Feintuning-Tabulator

Stehen Telefon und Telefax oder Fon und Fax untereinander, so sind die Wortlängen fast gleich – aber nur fast. Die darauffolgenden Nummern stehen somit ebenso nur fast untereinander. Wichtig ist es hier, einfach nochmals einen Tabulator zu setzen, damit die Ziffern schön untereinander stehen. Bei Telefon und Fax ist dies natürlich nicht zwingend, da es hier gewollt versetzt steht.

Natürlich gibt es sicherlich noch jede Menge weitere Aspekte, die bei der Gestaltung von Visitenkarten – in typografischer Hinsicht – beachtet werden sollten. Auch sind die hier erwähnten Punkte kein Zwang – sondern nur Vorschläge. Wer Erweiterungen der Liste parat hat, kann diese gerne in der Kommentar-Funktion äußern.

Feintuning

Dank Tabulator bekommt man Telefon- und Faxnummern exakt untereinander.